Ausgesetzt by James W. Nichol

Ausgesetzt by James W. Nichol

Autor:James W. Nichol
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
ISBN: 9783426555743
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-12-12T23:00:00+00:00


20

Als Alex Johnsons Vater bei ihnen klopfte, dämmerte es bereits. Lennie, Bobbys dreizehnjährige Schwester, kam aus dem hinteren Teil der Diele und öffnete die Fliegenschutztür. Sie war zwar zwei Jahre jünger als Bobby, trotzdem war sie fast so groß wie er. Sie hatte ein ovales, zartes Gesicht und dunkles Haar.

»Hallo, Mr. Johnson«, begrüßte sie ihn.

Sie kannte die meisten ihrer Sommernachbarn, aber dass einer vorbeikam, wenn ihr Vater da war, kam so gut wie nie vor. Er hatte alle wissen lassen, und zwar unmissverständlich, dass er die wenigen Male, die er Zeit fand, hier herzufahren, Erholung und Abgeschiedenheit suchte und nicht die Gesellschaft der Nachbarn.

Mr. Johnson, der im Sommer zwei Häuser weiter wohnte, war ein großer, schlanker Mann mit schütterem blonden Haar. Er sah besorgt aus. »Hast du vielleicht Alex gesehen? Er ist zum Abendessen nicht nach Hause gekommen, wir haben schon nach ihm gesucht.«

»Nein«, sagte sie, »ich habe ihn den ganzen Tag nicht gesehen.«

Mr. Johnson nickte geistesabwesend. »Ich habe Hot Dogs für ihn gemacht, auf dem Grill. Das ist seine Leibspeise. Es ist fast neun.«

Sie bat ihn herein, sagte, sie würde ihre Mutter holen und auch ihren Bruder fragen, ob er Alex gesehen habe. Er bedankte sich und kam in die beleuchtete Diele.

Bobby hatte gesagt, er fühle sich nicht besonders, er habe die Grippe oder etwas ähnliches. Er war vor dem Abendessen zu Bett gegangen. Als Lennie in sein Zimmer kam, konnte sie in der Dunkelheit seine Umrisse auf dem Bett sehen.

»Bobby«, sagte sie, »bist du wach?«

»Was?«, murmelte er mit schwacher Stimme.

»Hast du diesen Jungen, Alex Johnson, gesehen? Sein Vater sucht ihn.«

Bobby hob ein wenig den Kopf. »Nein«, sagte er und ließ ihn wieder sinken.

»O. K.«

Sie schloss die Tür. Bobby hörte, wie sie die Treppe hinunterging. Er hörte auch Stimmen unten in der Diele, brachte jedoch weder die Energie noch das Interesse auf, sich zur Tür zu schleichen und zu lauschen. Er hatte das Gefühl, als würde ihn etwas niederdrücken, als wöge er hundert Kilo.

Er versteckte sein Gesicht wieder unter dem Kissen. Er fühlte seinen Atem, heiß und feucht, als befände er sich in einer Höhle.

Zum hundertsten Mal dachte er an Alex, einen Knebel im Mund, seine Arme über dem Kopf, aufgehängt mit einem ausgefransten alten Seil, das Bobby im Schuppen hinter dem Haus gefunden hatte. Der Junge hatte sich die ganze Zeit im Kreis gedreht, die Füße etwa einen Meter über dem Boden. Schließlich hatte ihm Bobby auch noch zwei Seilstücke um die Knöchel gebunden und ihn damit am Baum festgemacht. Dann hielt er still.

Am Anfang hatte Bobby ihn gefangengenommen und ihm befohlen, das T-Shirt auszuziehen. Alex hatte mitgespielt und sich das ausgebleichte rote T-Shirt über den Kopf gezogen. Dann hatte Bobby ihm die Handgelenke vor dem Körper zusammengebunden und das Seil über einen Ast geworfen. Alex hatte aufgesehen, um herauszufinden, was Bobby vorhatte. Er war schon an der Reihe gewesen, hatte Bobby gefesselt, aber nicht so.

»Ich muss dich verhören«, hatte Bobby als Erklärung zu ihm gesagt, aber seine Stimme war heiser gewesen, als hätte er einen rauhen Hals.

Und dann hatte Bobby gesagt: »Du hast meinem Vater den Schraubenzieher gegeben.



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